Selbstbestimmtes Sterben als gesellschaftliches Thema sehen
Großes Interesse an Vortrag von Dr. Swantje Goebel
Artikel aus dem Viernheimer Tageblatt vom 02.05.2025
Entscheidungen im Leben zu treffen, sind nicht immer leicht. Aber zugleich ist es ein großes Privileg, sich selbstbestimmt Gedanken zu machen und so Dinge selbst festzulegen. Wie ist es aber mit dem Sterben? Wie viel kann ich auf diesem Lebensweg noch beeinflussen? Es war ein komplexes Thema, das aber wiederum alle Menschen betrifft. Auf Einladung des Viernheimer Hospizverein e.V. referierte Dr. Swantje Goebel, Soziologin und Co-Vorsitzende des Hospiz-Verein Bergstraße e.V. Bensheim, unter dem Titel „Selbstbestimmt leben – selbstbestimmt sterben?“ und in dem Impulsvortrag warf sie einen soziologischen Blick darauf. Das Interesse an dem Abend war groß und nahezu alle Plätze in der Kulturscheune belegt. „Ich freue mich sehr, dass Sie so zahlreich gekommen sind“, sagte 1. Vorsitzende Dr. Jutta Behrendt und hieß die Anwesenden willkommen. Ganz besonders aber bedankte sie sich bei der Referentin und wünschte allen eine erfolgreiche Veranstaltung.
Im Alter gehören Veränderungen dazu, aber es ist nicht immer einfach, diese anzunehmen. Ein Beispiel sei, ob es noch möglich ist, selbst Auto zu fahren. Ab einem gewissen Punkt ist in dem Maße auch die Würde betroffen, darum ging es in dem Vortrag ebenfalls. „Selbstbestimmung ist ein hohes gesellschaftliches Gut. Wir teilen miteinander die Auffassung, dass wichtige Entscheidungen am besten von jedem und jeder selbst zu treffen und auch zu verantworten sind. Was uns für das Leben wichtig ist, zählt für unser Sterben ebenso“, hob Dr. Jutta Behrendt deutlich hervor.
Für viele Menschen ist es aber oft mit großer Sorge verbunden, die allerletzten Lebenstage oder Wochen schwerstkrank, leidgeplagt, hilfsbedürftig in professionellen, aber fremden Händen zu verbringen zu müssen. Dabei im Rahmen der hospizlichen Begleitung unterstütztes Sterben ermöglicht – Würde bewahrend, Individualität und Selbstbestimmung, Bedürfnisorientierung und Ganzheitlichkeit sind hierbei leitend. Das Thema Sterben und Tod geht jeden etwas an, es ist ein gesellschaftliches Thema, auch wenn es häufig noch immer im Alltag eher ausgeblendet wird und wir es verbinden damit Angst. Wer von Ihnen hat eine Patientenverfügung? Dies fragte Swantje Goebel zu Beginn und war überrascht von der Reaktion: „Fast alle haben eine; Respekt! Darin kann jeder für sich festlegen, was er will und was nicht. Angehörige müssen für einen nicht entscheiden, wenn einmal so eine Situation eintritt“, hob die Soziologin hervor. Sie ist der Ansicht, dass jeder Mensch Rechte und Mittel zur Verfügung könne sich selbst schützen – auch wenn die Situation komplex ist. „Viele sind in den letzten Lebensmonaten nicht richtig versorgt sind. Aber Sterben ist Bestandteil unseres Lebens und im Umgang damit Bewegung ist sehr engagiert“, sagte Swantje Goebel. Der Bereich Hospizarbeit und die damit verbundene ambulante und stationäre Versorgung sei eine feste innere Überzeugung. In ihrem Vortrag erklärte sie ebenfalls, dass Sterben ein biologischer Vorgang ist. Sobald der Hirntod festgestellt ist, ist der Zeitpunkt des Todes festgelegt. So sieht es das Transplantationsgesetz vor, denn nur tote Menschen dürfen natürliche Organe entnommen werden.
Mit dem Publikum war die Referentin im interaktiven Austausch und es konnten viele Fragen gestellt werden. Persönliche Gespräche zu dem Thema waren im Anschluss ebenfalls noch möglich. Aktuell gehören dem Hospizverein rund 40 ausgebildete Hospizbegleiter an, davon sechs Trauerbegleiter. Regelmäßig finden Ausbildungen statt, um das bestehende Team zu verstärken. Den Ehrenamtlichen ist es ein Anliegen, die Lebensqualität bis zuletzt zu wahren und zu erhalten. Insbesondere durch die Erfahrung und wie die christlich-humanistische Überzeugung erhalten Menschen in den letzten Stunden, Tagen, Wochen und Monaten ihres Lebens Zuwendung. Ein weiteres Anliegen des Hospizvereins ist es, für Angehörige ein offenes Ohr zu haben und diesen Entlastung zu geben – auch über den Tod hinaus da zu sein.
Zwei hauptamtliche Koordinatorinnen nehmen sich den Beratungen und Begleitungen von Betroffenen persönlich an, gerade die unbürokratische Hilfe ist dem Hospizverein wichtig. Gemeinsam wird mit den Menschen durch die schwierige Endphase ihres Lebens gegangen. Dies geschieht mit viel Erfahrung, Zugewandtheit und Respekt. Ebenfalls wichtig ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Hausärzten, Sozialstationen, stationären Einrichtungen und Fachärzten. Die Gründung des Viernheimer Hospizvereins erfolgte im Jahr 1996 aus der Caritas-Sozialstation heraus. Zwei Jahre später begannen die ersten Begleitungen. Zu den regelmäßigen Angeboten zählen beispielsweise der Trauerspaziergang, der geschlossene Trauerkreis „Zuversicht“ oder die Trauergruppe „Sternenkinder“. Weitere Informationen dazu sind unter [www.hospizverein-viernheim.de](http://www.hospizverein-viernheim.de) erhältlich. Informative Vorträge, verschiedene Veranstaltungen und Aktionen runden das Jahresprogramm ab.
Daniel Klier